Als Ur-Berliner kenne ich die Hauptstadt schon mein ganzes Leben lang. Ich kenne sie mit Mauer. Ich kenne sie ohne Mauer. Ich kenne sie im Sozialismus. Ich kenne sie unter Diepgen. Und ich sehe sie seit 20 Jahren unter der SPD verfallen. Und das macht mich traurig.

In meiner Jugend fühlte man sich frei in Berlin. Die Stadt hatte einen Flair, man konnte zwischen Seen und Bergen, zwischen Trouble im Zentrum und Ruhe im Wald, zwischen tollen Neubauten, Plattenbauten und historischer Architektur wandeln. Berlin war bunt und trotzdem schön. Es war immer was los. Wir hatten die Loveparade, die Fashion Week. Als Kind war ich im Plänterwald (später Spreepark), im Blub, im SEZ. Und all das sind Orte, die uns Berlinern genommen wurden. Heute hat Berlin kaum noch Schwimmhallen und vernünftige Freibäder. Das FEZ vegetiert vor sich hin. An Investoren mangelt es nicht. Wussten Sie, dass selbst Disney sich nach der Wende hier breit machen wollte? Wie toll wäre das gewesen: Disneyland Berlin. Naja, zum Glück konnte die Linke das verhindern (Ironie off). Unsere Kultur kommt zum Erliegen. Hätten wir nicht noch das Stagetheater und die komische Oper und den Friedrichstadtpalast, könnte man kaum noch Kultur erleben.

Vorwärtskommen ist in Berlin abenteuerlich. Seit Jahrzehnten verkommt die Stadt zu einer Dauerbaustelle und es ist kein Ende in Sicht. Wie peinlich wäre mir das als Regierender Bürgermeister, im Roten Rathaus inmitten von unzähligen Absperrungen, Baggern und Umleitungen zu sitzen. So ziemlich jede Straße in Berlin wird gebaut. Und wenn sie fertig ist, geht es wieder los. Warum muss denn die BVG alle 3 Jahre Schienen auswechseln? Früher hatte so etwas Jahrzehnte gehalten. Warum muss denn ständig Straße auf, Straße zu, Straße auf, Straße zu … gebaut werden, wenn nacheinander Telefon, Gas und Strom repariert werden? Sind das Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen? Sollte man nicht langsam mal nach einem Berliner-freundlichen Konzept suchen? Die Menschen sind es leid, ständig Umfahrungen von Umfahrungen hinnehmen zu müssen, weil nichts koordiniert ist. Und da wo mal keine Baustele ist, stehen Warnbaken auf der Straße, um selbige durch Popup Radwege zu verengen. Die Staus blockieren die ganze Stadt. Ein Vorwärtskommen gibt es nur wartend und fluchend. Dass dabei unnötige Gefahren, auch für Radler und Fußgänger geschaffen werden, dass Retungswege verbaut werden und selbst die Feuerwehr kaum vorwärts kommt, interessiert unseren Senat nicht.

Wie denn auch. Er ist durch seine lethargische Verwaltung total gelähmt. Digitalisierung ist ein Fremdwort. Bürgernähe ist nicht gewollt. Effizienz sucht man vergebens. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit. Ich musste im Rahmen des Wahlkampfes ein 100-seitiges Dokument einreichen. Also habe ich das PDF geschickt. Als Antwort kam, dass man es ausgedruckt bräuchte. Die Frage, ob es in der Behörde keine Drucker gibt, habe ich mir gespart. Da ich das ausgedruckte Dokument aber wegen Corona nicht persönlich abgeben kommte, sollte ich es in den Hausbriefkasten werfen. Dort wurde es dann eingescannt und per ePost an den Sachbearbeiter geschickt. (WTF!!!) Solche Beispiele findet man überall, bei der Kfz-Zulassung, beim Bürgeramt, beim Standesamt. Die einzelnen Abteilungen sind nicht einmal in der Lage sich untereinander auszutauschen. Von funktionierendem Homeschooling will ich hier gar nicht erst anfangen.

Smart ist hier gar nichts. und darum ist Berlin auch weit davon entfernt eine Smart-City zu sein. Im internationalen Wettbewerb stehen wir hinten an. Aber wen interessiert das im Senat schon, solange man Ideologien leben kann. Der Netzausbau endet am Berliner Ring. Car-Sharing geht bis maximal Treptower Park und eine eLadeinfrastuktur ist in den Berliner Randgebieten auch nicht vorgesehen. Berlin steuert fleißig auf die 80er Jahre zu, während sich andere Großstädte mitten im 21. Jahrhundert befinden.

Da meckern nicht nur hilft, möchte ich gerne meinen Teil dazu beitragen, Berlin wieder lebenswerter zu machen. Berlin für Berliner sollte das Motto sein. Die Bewohner der Hauptstadt sollen sich wohlfühlen und den Flair, den ich kannte, wieder erleben. Wir brauchen Problemlöser und keine Verwalter. Nur so kann Berlin gerettet werden.